Wirtschaftspädagogik in Österreich 2022

Unterbrechungen und Irritationen werden in den meisten Lehr-Lern-Settings als Störungen empfunden. Lehrende versuchen häufig diese zu vermeiden, um die Lernenden nicht zu verunsichern und ihnen einen bestmöglichen Rahmen für deren Lernen zu schaffen. Aus bildungstheoretischer Perspektive besitzen aber gerade Ungewissheiten und Ambiguitäten das Potenzial, ‚erwünschte‘ Irritationen und Unterbrechungen im Denken und Handeln der Lernenden auszulösen. Im ersten Teil des Beitrags werden ausgewählte bildungstheoretische Zugänge vorgestellt, die das Vorhandensein von Irritationen und Unterbrechungen in Lehr-Lern-Settings als wesentliche Gelingensbedingung für erfolgreiche Lern- und Bildungsprozesse deuten. Zudem werden aus diesen Ansätzen gemeinsame Gestaltungsprinzipien zur Förderung einer ‚irritationsfreundlichen‘ Pädagogik abgeleitet. Im zweiten Teil des Beitrages wird Service-Learning als irritationsförderliches Lehr-Lern-Format für Schulen und Hochschulen präsentiert und mit den zuvor skizzierten bildungstheoretischen Ansätzen in Beziehung gesetzt. Im Rahmen von Service-Learning wird versucht die jeweiligen fachlichen Inhalte mit einem gemeinnützigen Engagement zu verbinden. Dabei entstehen Situationen unter Unsicherheit, die vielfältige Lerngelegenheiten bieten. Insgesamt kann aufgezeigt werden, dass Service-Learning besonders dazu geeignet ist, Unterbrechungen und Irritationen entstehen zu lassen, da sich klare Verbindungslinien zwischen diesem Lehr-Lern-Format und den zentralen Aspekten einer ‚irritationsfreundlichen‘ Pädagogik ergeben. Service-Learning eignet sich somit als Beispiel für eine didaktische Modellierung, durch die Irritationen und Unterbrechungen gezielt angestoßen und gefördert werden können.