bwp@ Profil 9 - August 2024

Vernetzt mit Franz

Profil 9: Digitale Festschrift für Franz Gramlinger

Hrsg.: Karin Büchter, H.-Hugo Kremer, Nicole Naeve-Stoß, Karl Wilbers & Lars Windelband

Franz Gramlinger professionell – ein Blick auf sein Wirken

Bei Franz Gramlinger denke ich immer – aufgrund des österreichischen melodischen Sprachduktus – als erstes an «de guete alte Franz» von Georg Kreisler. In diesem Lied wird – wie in fast allen sarkastisch-spitzen Beiträgen des wortgewaltigen Wiener Kabarettisten – ein selbstloser und liebenswürdiger Mensch geschildert, der von seinen Freunden und Bekannten gehörig ausgenutzt wird. Davon ist natürlich «unser» Franz, der selbst viel positive Energie ausstrahlt, weit entfernt.

Ich sehe Franz – neben seiner Rolle als Beobachter, Evaluator und Einforderer von Qualität für die österreichische Berufsbildung – vor allem als Mitbegründer und vorwärtstreibende Kraft der bwp@ «Berufs- und Wirtschaftspädagogik online» mit inzwischen 1.800 Autorinnen und Autoren und fast ebenso vielen Beiträgen. Auf der Website «Franz Gramlinger professionell» heißt es denn auch, dass er für sich in Anspruch nehme, dass es seine Idee gewesen sei, diese Zeitschrift zu lancieren. Diese hat wesentlich dazu beigetragen, dass wissenschaftliche Forschung, aber auch Entwicklungsprojekte und Publikationen im Bereich der Berufs- und Wirtschaftspädagogik (BWP) bekannt gemacht wurden. Die bwp@ ist seit ihrer Entstehung 2001 eine fest etablierte Größe und hat mit ihrem prompten Internetauftritt und ihrer einfachen Zugänglichkeit zu aktuell und seit längerer Zeit verfassten Beiträgen viel Aufmerksamkeit erzeugt und zu einer Vielzahl von Themen und Sonderheften geführt. Diese frische Brise hat die altehrwürdigen und bisherigen (teilweise etwas angestaubten) Fachjournale sicherlich auch etwas unter Zugzwang gesetzt. Diese Zeitschrift trägt insbesondere aber auch zur Selbstfindung der BWP bei, indem sie vor allem jüngeren Autorinnen und Autoren Möglichkeiten eröffnet, zu publizieren und sich in den fach(-wissenschaft-)lichen Diskurs einzubringen.

Franz ist, was die Berufs- und Wirtschaftspädagogik betrifft – bildlich-geographisch gesprochen – nicht im Zentrum, sondern wie ich selbst auch am Tellerrand wissenschaftlich sozialisiert worden. Es hat doch einige Zeit gebraucht, bis man feststellte, dass die duale Berufsbildung nicht nur und ausschließlich ein deutsches Phänomen ist, das darüber hinaus auch exportfähig ist, sondern auch in Österreich, in der Schweiz und ja auch in anderen Ländern existiert und eine Rolle spielt. Dass auch in dieser Hinsicht eine Wahrnehmungsverschiebung stattfindet, dass es sich lohnt, für Österreich ebenso wie für die wissenschaftliche und bildungspolitische Debatte österreichische Berufsbildung ernst zu nehmen, dies haben wir auch Franz zu verdanken. Eine internationale Orientierung ist daher eine Eigenschaft, die bei Franz nicht nur im Studium, sondern auch in der späteren akademischen und entwicklungsbezogenen Arbeit beim CEDEFOP, in Hamburg und dann auch wieder in Österreich sichtbar wurde. Franz hat damit auch wesentlich zur Öffnung und Horizonterweiterung des berufs- und wirtschaftspädagogischen Diskurses beigetragen.

Was vielleicht auch kennzeichnend für ihn ist, und auch da sehe ich eine Parallele zu meiner eigenen helvetisch-alpenländischen Befindlichkeit, ist ein gewisser Pragmatismus im Umgang mit großen und kleinen Fragen der Berufsbildung. Pragmatismus ist – wie eine jüngst veröffentlichte Monographie, verfasst von Richard Rorty, betitelt ist – Antiautoritarismus, indem es weniger um die Suche nach der unumstößlichen Wahrheit und das Erstreben von Gewissheiten geht als vielmehr um Vermittlung und Lösungen. Berufsbildung vereinigt viele und zum Teil widersprüchliche Anliegen, eine Klärung großer Fragen und Prinzipien ist daher kaum abschließbar. Stattdessen sollen in der kritischen Auseinandersetzung gemeinsam situativ Handlungsmöglichkeiten erarbeitet werden. Im Lichte einer starken Beteiligung und Einladung sich im Diskurs zu engagieren, in diesem Appell sehe ich stark auch Franz Gramlingers Wirken. Eine solche auf positive Wirksamkeit bedachte Haltung, wünsche ich Dir, Franz, für Dich persönlich wie auch für die weitere Zukunft unserer Zunft.

Zitieren des Beitrags

Gonon, P. (2024). Franz Gramlinger professionell – ein Blick auf sein Wirken. In K. Büchter, H.-H. Kremer, N. Naeve-Stoß, K. Wilbers & L. Windelband (Hrsg.), bwp@ Berufs- und Wirtschaftspädagogik – online. Profil 9, (S. 1–2). https://www.bwpat.de/profil9_gramlinger/gonon_profil9.pdf (04.08.2024)