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bwp @ Spezial 5 | September 2011
Hochschultage Berufliche Bildung 2011
Herausgeber der bwp@ Spezial 5 sind Thomas Bals & Heike Hinrichs

FT03 - Bau, Holz, Farbe und Raumgestaltung
Herausgeber: Sabine Baabe-Meijer, Werner Kuhlmeier & Johannes Meyser

Titel:
Übergänge gestalten – Konzepte, Erfahrungen und Perspektiven in den Fachrichtungen Bautechnik, Holztechnik sowie Farbtechnik und Raumgestaltung


Übergänge vereinfachen, Karriereoptionen vervielfachen – duale Studiengänge im Bausektor

Beitrag von Susanne DIEKMANN, Gerhard LUTZ & Bernd MAHRIN (Akademie Bauhandwerk der Handwerkskammer Münster, Ausbildungszentrum Biberach/Riß & TU Berlin)

Abstract

Immer mehr überbetriebliche Bildungsstätten des Handwerks entwickeln sich zu Kompetenzzentren mit speziellem Know-how und beispielhaftem Management und verbinden berufliche Bildung mit Beratung und Innovationstransfer. Sie haben ein hohes Entwicklungspotenzial und kooperieren in Netzwerken untereinander und mit Partnern aus Wirtschaft, Wissenschaft und Berufsbildung. Das Netzwerk der Kompetenzzentren Bau und Energie wird als Beispiel für eine offene und faire Zusammenarbeit in seinen Grundzügen und zentralen Aktivitäten skizziert. Einige der beteiligten Kompetenzzentren bieten über ihre Kernaufgaben in der überbetrieblichen Ausbildung, Weiterbildung, Meistervorbereitung usw. hinaus gemeinsam mit Hochschulen auch duale Studiengänge an. Unterschiedliche Konzeptionen, Organisationsformen, Finanzierungsmodelle und Abschlüsse solcher teilweise doppelt qualifizierender Studiengänge werden vorgestellt.

1  Netzwerk der Kompetenzzentren Bau und Energie

Seit 2008 besteht das Netzwerk der Berufsbildungs-Kompetenzzentren (Komzets) Bau und Energie mit vierzehn bundesweit verteilten Partner-Zentren. Ursprünglich initiiert durch das Bundesinstitut für Berufsbildung (BIBB) und das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF), hat es sich zum gegenseitigen Nutzen der Partner eigenständig weiter entwickelt (vgl. MEERTEN/ MAHRIN 2009). Die Komzets haben unterschiedliche fachliche Schwerpunkte im Bau- und Energie-Sektor, und sie unterscheiden sich in Größe, Trägerinstitutionen und der Art ihrer Bildungs- und Beratungsdienstleistungen (vgl. KOMPETENZNETZWERK BAU UND ENERGIE 2010). Doch es gibt zahlreiche Anknüpfungspunkte zur Effektivierung der eigenen Arbeit durch Kooperation, zum Beispiel Austausch von Experten, Kurskonzepten und -materialien, Entwicklung von Standards, Entwicklungen und Erprobungen von Lehrgängen, Materialien und Medien. Zu übergreifenden Themengebieten, wie zum Beispiel zur Förderung von Nachhaltigkeit in der beruflichen Bildung, werden gemeinsam Projekte bearbeitet (AZB HAMBURG 2011).

In Querschnitts-Handlungsfeldern wie Monitoring, Wissensmanagement, Marketing, Informationstechnologien, Qualitätsentwicklung, Organisations- und Personalentwicklung, Transfer- und Nachhaltigkeit bietet die Zusammenarbeit Vorteile für alle. Durch variable Bündelung ihrer Einzelangebote und -kompetenzen sind die Komzets in der Lage, unterschiedlichsten Ausbildungs- und Qualifizierungsbedürfnissen im regionalen, nationalen und internationalen Rahmen kompetent gerecht zu werden (weitere Informationen finden sich unter www.komzet-netzwerk-bau.de).

Einige der beteiligten Kompetenzzentren bieten über ihre Kernaufgaben in der überbetrieblichen Ausbildung, Weiterbildung, Meistervorbereitung usw. hinaus gemeinsam mit Hochschulen und Universitäten auch duale Studiengänge mit unterschiedlichen Konzeptionen, fachlichen Ausrichtungen, Organisationsformen, Finanzierungsmodellen und Abschlüssen an (vgl. MAHRIN 2011) (Abb. 1). Zwei dieser doppelt beziehungsweise mehrfach qualifizierenden Ausbildungs-/Studiengänge werden im Folgenden exemplarisch vorgestellt.

 

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Abb. 1:    Duale Studiengänge der Netzwerkpartner Bau und Energie

2 Bachelor-Studiengang „Bauen im Bestand“ am HBZ Münster

Erstmalig in der Bundesrepublik führt die Handwerkskammer (HWK) Münster einen Bachelor-Studiengang „Bauen im Bestand“ mit dem Abschuss eines „Bachelors of Engineering Bauingenieurwesen“ durch. Die Kooperation mit der Fachhochschule (FH) Münster, welche die Prüfungshoheit hat und den akademischen Grad verleiht, basiert auf dem sogenannten Franchise-Prinzip, wie es das Hochschulgesetz in Nordrhein-Westfalen im § 66 (5) einräumt. Für Organisation und Durchführung des Studiums in ihrem Bildungszentrum HBZ hat die HWK eigens die „Akademie Bauhandwerk“ gegründet (AKADEMIE BAUHANDWERK 2010).

Mehrere Gründe haben die Handwerkskammer Münster bewogen, dieses Vorhaben im Jahre 2009 zu starten:

·        Seit Jahren verlagert sich die Bautätigkeit vom Neubau hin zur Erhaltung, Sanierung und Modernisierung von Bestandsbauten (Abb. 2). Für dieses Tätigkeitsfeld ist ein breites und spezielles Fachwissen erforderlich, das bislang üblicherweise nicht oder nur am Rande Gegenstand der Ausbildung von Architekten und Bauingenieuren war. Zu wenige Baufachleute haben sich nach ihrer Ausbildung, egal ob Studium,  handwerkliche Lehre oder Fortbildung zum Meister, für dieses Aufgabenfeld weiterqualifiziert. Für Planungs- und Bauleitungstätigkeiten fehlen in den Betrieben daher die entsprechenden Fachkräfte.

·        Es gibt eine Menge von gut ausgebildeten und talentierten Handwerkern, die als Gesellen oder Meister feststellen, dass sie sich noch weiter qualifizieren wollen oder müssen. Dieser Zielgruppe möchte die Handwerkskammer Münster mit diesem Studiengang entgegen kommen. Mit einem stark an der Praxis ausgerichteten Curriculum und mit einer kleinen Semesterstärke von maximal 25 Studierenden stellt er eine attraktive Alternative zum konventionellen Bauingenieurstudium an einer Hochschule dar. Gleichzeitig wird die Durchlässigkeit des Bildungssystems gestärkt und damit jungen Leuten aufgezeigt, dass auch eine handwerkliche Ausbildung eine gute Basis für spätere Leitungsaufgaben in der Bauwirtschaft sein kann.

Das Curriculum für den sechssemestrigen Vollzeit-Studiengang wurde vom Fachbereich Bauingenieurwesen der FH Münster und den Baufachleuten im Bildungszentrum der Handwerkskammer gemeinsam erarbeitet. Die Anforderungen in Mathematik und Statik sind auf das für das spätere Einsatzgebiet notwendige Maß reduziert, um dafür wichtige Kenntnisse und Fähigkeiten aus der Architektur vermitteln zu können, beispielsweise in Baugeschichte/Denkmalpflege oder Entwerfen. Nach der Vermittlung ingenieurwissenschaftlicher Grundlagen stehen Fächer im Fokus, die für die Arbeit in der Altbausanierung wichtig sind, zum Beispiel Bauerhaltung/-sanierung oder Technische Gebäudeausrüstung. Vom dritten Semester an werden von den Studierenden in Teams umfangreiche Praxisprojekte bearbeitet, in denen für reale Bauobjekte neue Grundrisse für geänderte Nutzungen entwickelt sowie bautechnische und energetische Sanierungskonzepte erarbeitet werden. Je nach Schwerpunkt des Projektes reichen die Arbeiten von der Aufnahme des Gebäudebestands und der Analyse von Bauschäden bis zur Ausschreibung von Umbau- und Sanierungsmaßnahmen.

 

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Abb. 2:    Bauen im Bestand gewinnt an Bedeutung (Fotos: HBZ Münster).

 

Die Dozenten des neuen Studiengangs kommen von der FH Münster, aus dem Handwerkskammer Bildungszentrum sowie aus externen Organisationen wie Sachverständigenbüros, Bauunternehmen oder der Baustoffindustrie.

Die Zugangsvoraussetzungen entsprechen denen der Fachhochschule. Entsprechend kommen die Studierenden entweder über die Fachhochschulreife beziehungsweise das Abitur, über den Meisterbrief oder als beruflich Qualifizierte mit Ausbildung und mindestens drei Jahren Berufserfahrung zum Studium.

In Auswahlgesprächen prüfen Vertreter von Akademie Bauhandwerk und Fachhochschule gemeinsam, ob die Bewerber die formellen und persönlichen Voraussetzungen für ein Studium mitbringen. Hier, wie in den zahlreichen anderen Abstimmungsfragen, arbeiten die beiden Kooperationspartner hervorragend zusammen. Begünstigt wird das dadurch, dass zwischen der Handwerkskammer und den Hochschulen in Münster im Allgemeinen und zwischen dem Fachbereich Bauingenieurwesen und dem Baubereich des HBZ im Speziellen bereits eine langjährige Zusammenarbeit bestand, bevor die Idee für den gemeinsamen Studiengang geboren wurde.

Im Wintersemester 2009/10 startet der erste Jahrgang des neuen Studiengangs mit siebzehn Studierenden. Mittlerweile hat eine weitere Gruppe das Studium aufgenommen. Das Alter der Studierenden im Erstsemester liegt zwischen 19 und 46 Jahren, der Durchschnitt bei 24 Jahren. Dabei haben 34 % das Abitur abgelegt und 69 % zuvor eine Ausbildung absolviert, 19 % bringen bereits einen Meistertitel mit. Folgende Berufe sind vertreten: Maurer/Betonbauer, Dachdecker, Zimmerer, Tischler, Schornsteinfeger, Gas-/Wasserinstallateur, Holz- und Bautenschützer, Denkmaltechnischer Assistent und Bauzeichner. Die unterschiedlichen beruflichen und schulischen Vorqualifikationen stellen für die Dozenten sicherlich eine Herausforderung dar, befruchten aber gleichzeitig die fachlichen Diskussionen von Studierenden und Dozentinnen und Dozenten in den Vorlesungen, Übungen und Projektarbeiten.

Die Resonanz auf das innovative Studienangebot ist sehr positiv. Etliche Unternehmen versuchen bereits jetzt, sich über die Vergabe von Stipendien und Praktikumsplätzen bei den zukünftigen Absolventen als potentielle Arbeitgeber ins Spiel zu bringen.

Das praxisorientierte und auf den wichtigen Markt der Altbaumodernisierung ausgerichtete Studienangebot in einer überschaubaren Gruppe von maximal 25 Studierenden überzeugt sowohl Schulabsolventen als auch bereits in der Bauwirtschaft Tätige, die die Absicht haben, sich weiter zu qualifizieren. Dabei stellt allerdings die Studiengebühr von 2.690 € pro Semester für viele Interessierte eine erhebliche Hürde dar, insbesondere im Vergleich mit der wesentlich geringeren Studiengebühr an staatlichen Hochschulen (zum Beispiel: momentan 500 € an der FH Münster). Die besondere fachliche und praxisorientierte Ausrichtung des Studiengangs und der enge Kontakt zwischen Studierenden und Dozenten sowie die „kurzen Wege“ zu den Verantwortlichen in der Akademie Bauhandwerk konnten aber auf Anhieb genügend ambitionierte junge Leute dazu bewegen, diese Investition in ihre berufliche Zukunft zu tätigen.

Im Zuge der Akquisition von Studierwilligen hat sich aber auch gezeigt, dass viele sich für dieses Studium entscheiden würden, wenn sie dafür nicht ihre bisherige Berufstätigkeit aufgeben müssten. Unter ihnen sind auch Selbstständige, für die die Gebühren kein Problem darstellen, die aber ihr kleines Unternehmen weiter betreiben möchten. Dieser Gruppe potentieller Studierender möchte die Akademie Bauhandwerk zukünftig mit einer alternativen, berufsbegleitenden Variante des Studiengangs entgegen kommen. Die Fachkräfte könnten im Betrieb bleiben, so dass die Qualifizierung von Mitarbeitern oder Selbstständigen dabei unmittelbar in den Unternehmen ankäme und damit auch Innovation besser und schneller vorangetrieben werden könnten.

Das HBZ entwickelt zurzeit im Rahmen des vom Bundesministerium für Bildung und Forschung unterstützten Forschungsvorhabens „NetProBau“ Möglichkeiten, mit Hilfe netzgestützter Schulungskonzepte Berufstätigkeit und Weiterbildung besser als bislang zu verknüpfen. Präsenzzeiten in der Bildungsstätte sollen damit reduziert und die zeitliche und räumliche Flexibilität des Lernens gesteigert werden. Die Ergebnisse des Projektes sollen dann in eine zeitgemäße Konzeption einer berufsintegrierten Variante des Studiengangs „Bauen im Bestand“ Eingang finden (weitere Informationen unter www.akademie-bau.de).

3 Duale Ausbildung nach dem „Biberacher Modell“

3.1 Holz – ein nachhaltiger Baustoff

Das Bauen mit dem Rohstoff Holz ist eine faszinierende Gesamtaufgabe von hohem globalem und damit gesellschaftlichem Nutzen. Der Holzbau ist ebenso von traditionellen wie von innovativen Techniken geprägt. Die Verbindung von Holz mit anderen Werkstoffen, was in den letzten Jahren an Bedeutung gewonnen hat, bietet sowohl neue Möglichkeiten als auch neue Herausforderungen für das deutsche Handwerk.

Vor diesem Hintergrund suchen Betriebe dringend gut ausgebildete Nachwuchskräfte für Führungsaufgaben, die einerseits das Handwerk „von der Pike auf“ gelernt haben und andererseits über umfassende Kompetenzen aus dem Ingenieurwesen verfügen. Darüber hinaus sollten die jungen Fachkräfte Management-Erfahrungen oder zumindest solide Management-Kenntnisse mitbringen. Gerade die kleineren Betriebe benötigen vielseitig qualifizierte und interessierte Fach- und Führungskräfte – eine Herausforderung für die Ausbildung.

Die Hochschule Biberach und das Kompetenzzentrum Holzbau & Ausbau stellen sich dieser Aufgabe gemeinsam. In Kooperation bieten sie eine zeitlich verzahnte, duale Ausbildung mit Abschlüssen im Handwerk und im Ingenieurwesen an (vgl. KOMPETENZ ZENTRUM HOLZBAU & AUSBAU 2010). Gegenüber herkömmlichen Qualifizierungswegen, in denen handwerkliche und akademische Ausbildung nur alternativ beziehungsweise aufeinander folgend möglich sind, wird die Gesamt-Ausbildungszeit wesentlich verkürzt. Dies geschieht ohne Qualitätsverlust, da Wiederholungen und Redundanzen vermieden werden können und die tatsächliche Verbindung von Praxis und Theorie im Ausbildungsbetrieb, in der überbetrieblichen Bildungsstätte und in der Hochschule das Verständnis von Sachverhalten und Zusammenhängen wesentlich erleichtern. Facharbeit, Projektmanagement und Betriebsführung werden von den Auszubildenden/Studierenden von Anfang an in ihrem Zusammenwirken und gegenseitigen Abhängigkeiten erlebt und verstanden.

Im handwerklichen Bereich erwerben die Nachwuchskräfte zunächst den Gesellenbrief als Zimmerer/-in. Darauf aufbauend können sie in der letzten Phase der Ausbildung die Meisterprüfung in diesem Gewerk ablegen. Die akademische Ausbildung zielt auf den Abschluss Bachelor of Engineering im Bereich Projektmanagement/Bauingenieurwesen.

Übergänge in der beruflichen Bildung werden auf diese Weise nicht nur erleichtert, das System durchlässiger, sondern sie werden systemimmanent.

Beide beteiligten Institutionen stehen für höchste Kompetenz in ihrem jeweiligen Fachgebiet. Die Hochschule Biberach ist renommiert im Bausektor in Deutschland. Das Zimmerer Ausbildungszentrum (ZAZ) und das Kompetenz Zentrum Holzbau & Ausbau (KomZet) Biberach  gehören zu den führenden überbetrieblichen Bildungsstätten des Holzbaus  in Deutschland und engagieren sich auch international im energieeffizienten, nachhaltigen Holzbau.

3.2 Zielgruppe und Ausbildungs-/ Studiumskonzeption „Holzbau/ Projektmanagement“

Dieser besondere Ausbildungsweg wurde im Herbst 2010 erstmals angeboten und stieß sofort auf großes Interesse. Das Angebot richtet sich an junge Menschen mit allgemeiner oder fachgebundener Hochschulzugangsberechtigung, die ihr Berufsziel in der Übernahme eines Unternehmens sehen oder im Einstieg in eine führende Position im Holzbau. Ausbildung und Studium werden in räumlicher und zeitlicher Vernetzung angeboten. Durch die integrierte Form gewinnen die Teilnehmenden gegenüber einer vergleichbaren additiven Form von Ausbildung und Studium etwa ein Jahr an Zeit. Das macht das duale Studium auch für leistungsstarke Schulabgänger/-innen interessant.

Studien-/Ausbildungsbeginn ist jeweils im Herbst, Bewerbungsschluss im Frühjahr. Die Anmeldung wird über das Kompetenz Zentrum Holzbau & Ausbau abgewickelt.

Die Regelzeit des gesamten Ausbildungsganges beträgt fünf Jahre und drei Monate. Die Organisation ist in Abbildung 3 dargestellt.

 

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Abb. 3:   Ausbildung und Studium nach dem Biberacher Modell

 

Phase 1 – Zimmererausbildung (25 Monate)

Die Teilnehmenden schließen einen Ausbildungsvertrag mit einem Meisterbetrieb ab und beginnen ihre Ausbildung im zweiten Lehrjahr. Sie besuchen die Berufsschule, wie es im Rahmen der dualen Berufsausbildung üblich ist, jedoch nicht in dem für den Ausbildungsbetrieb zuständigen Bezirk, sondern zentral in Biberach/Riß. Dort wird ein komprimierter Unterricht erteilt, der zeitlich/inhaltlich auf das parallel laufende Studium abgestimmt ist. Am Ende des dritten Lehrjahres legen sie die Gesellenprüfung vor der Handwerkskammer Ulm ab.

Phase 2 – Ingenieurstudium (Regelstudienzeit 7 Semester)

Die Zimmerergesellen immatrikulieren sich an der Hochschule Biberach jeweils zum Wintersemester im Studiengang Projektmanagement/Bauingenieurwesen und beginnen ihr Studium bereits im zweiten Semester. Das sonst notwendige Vorpraktikum entfällt. Die während der Lehrzeit erworbenen Prüfungsleistungen des Grundstudiums werden von der Hochschule Biberach anerkannt.

Das fünfte Studiensemester wird als Praxissemester geleistet (siehe Phase 3). Im siebten Semester wird von den Studierenden die selbstständige Bearbeitung einer Projektarbeit erwartet.

Das Studium erfolgt gemäß der Studien- und Prüfungsordnung der Hochschule Biberach. Mit dem Nachweis aller Prüfungen verleiht die Hochschule den akademischen Grad Bachelor of Engineering. Dieser Abschluss berechtigt zu einem weiterführenden Master-Studium.

Phase 3 – Polier und Meisterprüfung im Zimmererhandwerk

Das fünfte Studiensemester ist ein Praxissemester. Es kann zur Weiterqualifizierung im Handwerk genutzt werden. Möglich ist ein Kurs zum geprüften Polier sowie darauf aufbauend ein Vorbereitungslehrgang zur Meisterprüfung am Kompetenz-Zentrum Holzbau & Ausbau. Die abschließenden Prüfungen werden vor der Handwerkskammer Ulm abgelegt. Die Hochschule Biberach ermöglicht organisatorisch diese Zusatzqualifikation im siebten Semester.

3.3 Organisation und Finanzierung

Der Ausbildungs-/Studiengang bietet mit 15 bis maximal 20 Teilnehmenden gute Lernbedingungen. Wegen der notwendigen zeitlichen Abstimmungen zwischen den vier Beteiligten (Betrieb, Kompetenzzentrum, Berufsschule und Hochschule) ist es erforderlich, einen klaren zeitlich-organisatorischen Rahmen einzuhalten. Nur so ist es möglich, die drei wesentlichen Vorteile, welche die Zusammenarbeit der Bildungspartner bieten, auch zu nutzen: Verkürzung der Gesamtdauer beim kombinierten Erwerb von Aus- und Fortbildungsabschlüssen und eines akademischen Grades, Vermeidung von Redundanzen in den Lernprozessen und vor allem verständnisfördernde und umsetzungs-/anwendungsrelevante Verbindung von praktischer und theoretischer Bildung. Da allerdings die beschriebenen Phasen nur bedingt – hauptsächlich inhaltlich – ineinander greifen, bleiben dennoch sowohl in der betrieblichen Ausbildung als auch im Studium ausreichende zeitlich-organisatorische Gestaltungsspielräume für die Lernenden und für die jeweils federführenden Partnerinstitutionen erhalten.

Während der Zimmererlehre, also in den ersten 25 Monaten des gesamten Ausbildungsgangs, sind die Teilnehmer Angestellte eines Zimmerermeisterbetriebes und erhalten die übliche Vergütung als Auszubildende.

Die Leistungen des Kompetenzzentrums in diesen ersten zwei Jahren sowie das anschließende Studium sind gebührenpflichtig. Zurzeit fallen einschließlich Verwaltungskosten und Studentenwerkgebühren insgesamt etwa  600 Euro Gebühren pro Semester an. Die Gebühren für Polierkurs, gegebenenfalls Meisterkurs und Prüfung vor der HWK sind darüber hinaus zu entrichten.

Da das Kompetenzzentrum in Biberach preisgünstige Übernachtungs- und Verpflegungsmöglichkeiten anbietet, ist das duale Studium auch für Interessenten aus anderen Regionen zugänglich und wird entsprechend angenommen.

 

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Abb. 4:   Holzbau – ganzheitliche Berufsbildung für anspruchsvolle Aufgaben (Foto: Kompetenz Zentrum Holzbau und Ausbau)

3.4 Zielgruppe und Absolventen

Das Angebot richtet sich an Absolventen von Gymnasien, technischen Gymnasien, Fachoberschulen und Berufskollegs, die den Nachweis der allgemeinen oder der fachgebundenen Hochschulzugangsberechtigung erbracht haben. Es spricht junge Menschen an,

  • die ihr Berufsziel in der Übernahme eines Unternehmens oder den Einstieg in eine führende Position im Holzbau sehen und/oder
  • den Reiz einer handwerklichen und akademischen Tätigkeit suchen und zielgerichtet studieren wollen.

3.5 Perspektiven für die Holzbaubranche

Für die Zukunft stehen den Betrieben akademisch ausgebildete Zimmerermeister zur Verfügung, die „auf Augenhöhe“ mit Architekten und Ingenieuren den Holzbau Deutschlands voranbringen:

  • Zimmerermeister, die komplexe Bauaufgaben wie das schlüsselfertige Bauen durch „Projektmanagement“ beherrschen und damit auch Gewerke übergreifend denken und handeln können.
  • Projektingenieure, die aufgrund ihrer Meisterausbildung baupraktische Aspekte und Gesichtspunkte in die Lösung spezifischer Holzbauaufgaben einbringen können.

Die ersten Erfahrungen lassen hoffen, dass sich mit dualen Studiengängen in relativ kurzer Zeit vielseitig und umfassend qualifizierter Nachwuchs im Bausektor gewinnen lässt. Das wirkt existenzbedrohenden Betriebsnachfolge-Problemen bei kleinen und mittleren Betrieben entgegen. Die Verbindung handwerklicher und akademischer Ausbildung bietet jungen Menschen die Chance, schnell in vielseitige, interessante und verantwortungsvolle Positionen zu kommen. So wird das Baugewerbe auch für leistungsstarke Schulabgänger und gerade auch Schulabgängerinnen attraktiv.

Literatur

AKADEMIE BAUHANDWERK (Hrsg.) (2010): Bauen im Bestand - Bachelor of Engineering. Informationsbroschüre. Münster. Online: http://www.akademie-bau.de  (29-03-2011).

AZB – AUSBILDUNGSZENTRUM BAU IN HAMBURG (Hrsg.) (2011): BauNachhaltig – Projektbrief 1/2011. Online: http://www.komzet-netzwerk-bau.de/Download_Projektinfos_I12456.whtml  (29-03-2011).

BFW DER BAUINDUSTRIE NRW (Hrsg.) (2010): Duale Studiengänge Bauingenieurwesen. Informationsbroschüre. Düsseldorf. Online: http://abz-kerpen.de/?page_id=21  (29-03-2011).

KOMPETENZNETZWERK BAU UND ENERGIE (Hrsg.) (2010): Netzwerk Komzet. Fächerbroschüre. Online: http://www.komzet-netzwerk-bau.de/Steckbriefe_der_Partner_I6517.whtml  (29-03-2011).

KOMPETENZ ZENTRUM HOLZBAU & AUSBAU (Hrsg.) (2010): Holzbau Projektmanagement. Biberacher Modell. Bachelor of Engineering – Zimmerermeister. Informationsflyer. Biberach. Online: http://www.kompetenzzentrum-bc.de/Neu__Duales_Studium_I2417.whtml  (29-03-2011).

MAHRIN, B./ MEERTEN, E. (2009): Beratung, Qualifizierung, Innovationstransfer – Das Netzwerk „Kompetenzzentren Bau und Energie“. In: BWP, H. 2, 36-37.

MAHRIN, B. (2011): Duale Studiengänge im Kompetenznetzwerk Bau und Energie. Synaptische Übersicht. Online: http://www.komzet-netzwerk-bau.de/Steckbriefe_der_Partner_I6517.whtml  (29-03-2011).


Zitieren dieses Beitrages

DIEKMANN, S. et al. (2011): Übergänge vereinfachen, Karriereoptionen vervielfachen – duale Studiengänge im Bausektor. In: bwp@ Spezial 5 – Hochschultage Berufliche Bildung 2011, Fachtagung 03, hrsg. v. BAABE-MEIJER, S./ KUHLMEIER, W./ MEYSER, J., 1-11. Online: http://www.bwpat.de/ht2011/ft03/diekmann_etal_ft03-ht2011.pdf (26-09-2011).



Hochschultage Berufliche Bildung 2011 - Web page

http://www.hochschultage-2011.de/