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bwp@ Spezial HT2023 - Januar 2024
Fachkräftesicherung – Zukunftsweisende Qualifizierung, gesellschaftliche Teilhabe und Integration durch berufliche Bildung
Hrsg.:
, , , &Editorial: Fachkräftesicherung – Zukunftsweisende Qualifizierung, gesellschaftliche Teilhabe und Integration durch berufliche Bildung
EDITORIAL zu Spezial HT2023:
1 Fachkräftesicherung – Dauerbrenner, Übertreibung oder aktuelle Realität?
Qualifizierte Fachkräfte sind für den Erhalt und die Weiterentwicklung von Unternehmen sowie Wirtschaft und Gesellschaft von herausragender Bedeutung. Berufliche Bildungsprozesse gewährleisten die Sicherung des Fachkräftebedarfs und einer gesellschaftlichen Teilhabe. Insofern ist das Thema Fachkräftesicherung im Bereich der beruflichen Bildung schon immer relevant und quasi ein Dauerbrenner. Gleichzeitig zeigt sich u. a. durch den demografischen Wandel ein zunehmender Fachkräftemangel in Deutschland. Die geburtenstarken Babyboomer gehen in Rente und die jüngeren Altersgruppen können die entstehende Lücke nicht ausgleichen (Destatis 2024). Während der demografisch bedingte Fachkräftemangel bereits vor Dekaden über statistische Prognosen aufgezeigt wurde, kann der Eindruck gewonnen werden, dass erst in den letzten Jahren die Relevanz der Herausforderung gesamtgesellschaftlich erkannt wird. Anders gesagt wird im alltäglichen Leben der Fachkräftemangel sichtbar: Restaurants schließen früher, da sie nicht genug Fachkräfte gewinnen können, Wartezeiten auf einen Termin mit der Handwerkerin oder dem Handwerker oder dem Arzt oder der Ärztin werden immer länger, Plätze in Seniorenzentren für die Eltern der Babyboomergeneration zu finden gleicht einem Lotteriespiel und aus Nachhaltigkeitsgründen auf das Auto zu verzichten und stattdessen die öffentlichen Verkehrsmittel zu nehmen ist sinnvoll, aber auch mit der Gefahr verbunden, das aufgrund von Fachkräftemangel Busse und Bahnen einmal ausfallen.
Diese anekdotischen Episoden illustrieren, dass der Fachkräftemangel die aktuell größte Herausforderung im Bereich der Fachkräftesicherung zu sein scheint. Fachkräftemangel wird dabei als eine Situation verstanden, in der das Angebot an entsprechend qualifizierten Fachkräften in einer bestimmten Region geringer ist als die Nachfrage der Arbeitgeber (Burstedde et al. 2020). Da aber weiterhin Menschen ohne abhängige Beschäftigung sind oder als arbeitssuchend gemeldet sind, stellt sich die Frage, ob nicht vielmehr Passungsprobleme gelöst werden müssen, um dem viel beschriebenen Fachkräftemangel zu begegnen. Im Jahre 2022 waren 41,7 Millionen Menschen in Deutschland abhängig beschäftigt, was einen neuen Höchststand im dritten Quartal 2022 darstellte. Demgegenüber stehen 2,6 Millionen Menschen, welche im Februar 2022 bei der Bundesagentur für Arbeit arbeitslos gemeldet waren, bei gleichzeitig 1,98 Millionen offener Stellen. Diese Diskrepanz ist nicht einfach aufzuheben, da die Ursachen unterschiedlich sind. So befinden sich Arbeitssuchende und Arbeitsplätze nicht immer an gleichen Orten, Qualifizierungsprofile und offene Stellen passen häufig nicht zueinander oder die Entlohnung erscheint nicht angemessen (Fitzenberger 2023). Weiterhin besteht ein prozentualer Anstieg von Schulabgängerinnen und Schulabgängern ohne Abschluss in Deutschland. Nach der OECD (2022) geht fast jede bzw. jeder zehnte Deutsche zwischen 18 und 24 Jahren keiner Arbeit nach oder hat keine Ausbildung absolviert.
Die Herausforderung des Fachkräfte- und Arbeitskräftemangels bleibt somit und ist aktuelle Realität. Berechnungen des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung gehen davon aus, dass in den nächsten Jahren alterungsbedingt die Zahl an potentiellen Arbeitskräften pro Jahr um 400.000 Personen zurückgeht, wenn es nicht gelingt, dies durch Zuwanderung oder höhere Erwerbsbeteiligung von Frauen und älteren Personen auszugleichen (Gerber/Winters 2023). Die größten Fachkräftelücken sind dabei vor allem in Berufsbereichen der Daseinsvorsorge zu beobachten, konkret in den Bereichen der Sozialarbeit und -pädagogik, Kinderbetreuung und -erziehung sowie der Alten- und Krankenpflege. Aber auch in Bereichen der Bauelektrik, Sanitär-, Heizungs- und Klimatechnik oder der Informatik bestehen größere Fachkräftelücken (Hickmann/Koneberg 2022).
2 Gestaltungsmöglichkeiten der Fachkräftesicherung als Rahmenthema der Hochschultage – Struktur und Beiträge der bwp@ Spezial-Ausgabe
Der Fach- und Arbeitskräftemangel ist Realität und dringendste Herausforderung in der Fachkräftesicherung. Dies stellte deshalb auch das Rahmenthema der Hochschultage Berufliche Bildung im März 2023 an der Universität Bamberg dar. Es ging um Gestaltungsmöglichkeiten zur Fachkräftesicherung. Dabei sind kurzfristige Lösungen wenig nachhaltig und erfolgsversprechend. Vielmehr geht es darum, Strukturen und Maßnahmen zu fördern, die Qualifizierungs- und Bildungsaspekte von Fachkräften im Zuge von Digitalisierung, Nachhaltigkeit oder der Berufsorientierung in den Blick nehmen, Attraktivitätssteigerungen von Berufsfeldern mit Engpässen ermöglichen und berufliche Flexibilität und Mobilität fördern (u. a. Fitzenberger 2023; OECD 2022). Mit anderen Worten geht es bei einer nachhaltigen Fachkräftesicherung um eine zukunftsweisende Qualifizierung, gesellschaftliche Teilhabe und Integration durch berufliche Bildungsprozesse. Dies war auch der Untertitel des Rahmenthemas Fachkräftesicherung der Hochschultage Berufliche Bildung 2023. Die Gewinnung sowie die nachhaltige Qualifizierung von Fachkräften sind zentral, um die Folgen gesellschaftlicher Wandlungsprozesse abzumildern und zu bewältigen. Daher gilt es, auf allen Ebenen der beruflichen und akademischen Ausbildung neue Wege zu entwickeln, wie Fachkräfte gewonnen und qualifiziert werden können. Gleichzeitig sind die charakteristischen Konfliktlinien zwischen Vermarktung und Sorge, Integration und Teilhabe sowie kultureller und sozialer Demokratiebildung in der Gesellschaft in den Blick zu nehmen.
Die vorliegende Ausgabe spiegelt diese Bandbreite wider und präsentiert Beiträge zu den genannten Themenschwerpunkten, welche auf den Hochschultagen berufliche Bildung 2023 vorgestellt wurden. Dabei sind die Beiträge in vier verschiedene Schwerpunkte strukturiert:
- Fachkräftesicherung durch Berufsorientierung und Individualisierung gestalten
- Fachkräfte auf eine digitalisierte und nachhaltige Berufswelt vorbereiten
- Inklusion und Diversität als Treiber einer modernen Fachkräftequalifizierung
- Gestaltungsmöglichkeiten für bedarfsgerechte Fachkräftequalifizierungen
Schwerpunkt 1:
Im Schwerpunkt Fachkräftesicherung durch Berufsorientierung und Individualisierung gestalten finden sich Beiträge, welche die Berufsorientierung und Möglichkeiten der Attraktivitätssteigerung von Berufsprofilen mit größeren Fachkräftelücken thematisieren.
Der Beitrag von Melanie Sittig (Justus-Liebig-Universität Gießen) untersucht Gelingensbedingungen zu Maßnahmen und Strategien, die den Übergang von der Schule in eine Berufsausbildung stärken wollen.
Mit dem Übergang in die Pflegeausbildung als ein Berufsprofil mit starkem Fachkräftemangel beschäftigen sich Karin Reiber (Hochschule Esslingen), Micha Fleiner, Sebastian Partsch (Uni Bremen Campus GmbH), Sabine Dorn, Nicola Hofmann und Anna Willaredt (Hochschule Esslingen). Im Beitrag werden Projektergebnisse vorgestellt, wie der Übergang in die Pflegeausbildung und damit die Attraktivitätssteigerung dieses Berufsprofils zu gestalten ist.
Daran schließt sich geradezu nahtlos der Beitrag von Katja Driesel-Lange, Jerusha Klein, Iris Morgenstern (Universität Münster), Lore Funk und Wenka Wentzel (Kompetenzzentrum für Technik-Diversity-Chancengerechtigkeit e.V.) an, welche Ergebnisse einer Studie mit Fokus auf die Gesundheitsberufe vorstellen, in denen Eltern zu Einstellungen der Berufswahl ihrer Kinder befragt wurden.
Der Gruppe der Ungelernten wird sich im Beitrag von Sarah Wirtherle, Laura Müller-Werth (Forschungsinstitut für Berufsbildung im Handwerk an der Universität zu Köln) und Andreas Oehme (Westdeutscher Handwerkskammertag) gewidmet, indem ein Validierungsverfahren vorgestellt wird, mit dessen Hilfe Ungelernte mit bereits vorhandenen Berufserfahrungen ihre dabei erworbenen Kompetenzen zertifizieren lassen können.
Im Beitrag von Regina Dionisius und Moritz Niemann (Bundesinstitut für Berufsbildung) wird der Pflegeberuf fokussiert und Ergebnisse einer Befragung von Schülerinnen und Schülern in Nordrhein-Westfalen vorgestellt, wodurch Faktoren expliziert werden, die einen Einfluss auf das Interesse der Jugendlichen an einer Pflegeausbildung haben.
Darauf folgt der Beitrag von Katrin Rasch (Forschungsinstitut für Berufsbildung im Handwerk an der Universität zu Köln), in welchem anhand von Daten der Absolvent:innenstudie 2021 Gründe für die Meisterqualifizierung im Handwerk, Entwicklungsmöglichkeiten für Meisterinnen und Meister sowie rückblickende Beurteilungen der Meisterqualifizierung betrachtet werden.
Den Abschluss des Schwerpunktes bildet der Beitrag von Rolf Rehbold (Forschungsinstitut für Berufsbildung im Handwerk an der Universität zu Köln), der darin einen Denkrahmen vorstellt, welcher die individuellen karrierebezogenen Entscheidungen von Individuen aufgreift.
Schwerpunkt 2:
Im Schwerpunkt Fachkräfte auf eine digitalisierte und nachhaltige Berufswelt vorbereiten greifen die Beiträge die Aspekte Digitalisierung und Nachhaltigkeit auf und betrachten tiefgehend, wie diese in einer Fachkräftesicherung v. a. mit Blick auf die Qualifizierung aufgenommen werden können.
Der Beitrag von Ulrich Neustock (Max-Eyth-Schule Kassel), Tim Richter-Honsbrok (Leibniz-Universität Hannover), Sören Schütt-Sayed (Technische Universität Hamburg) und Thomas Vollmer (Universität Hamburg) ist eine Zusammenführung der Fachtagung Elektro- und Metalltechnik auf den Hochschultagen berufliche Bildung 2023 und stellt Gestaltungsmöglichkeiten zur Bewältigung des Fachkräftemangels und neuartige Qualifizierungswege in gewerblich-technischen Berufsfeldern vor dem Hintergrund der Einflüsse einer zunehmend digitalisierten und von Nachhaltigkeit geprägten Berufs- und Arbeitswelt vor.
Digitalisierung wird auch im Beitrag von Markus Gitter (Europa-Universität Flensburg), Franziska Meyer und Christian Schmidt (Justus-Liebig-Universität Gießen) aufgenommen, indem empirische Daten und Erkenntnisse zur Digitalisierung der Ausbildung geringqualifizierter Jugendlicher vorgestellt werden.
Die Digitalisierung ist weiterhin Thema im Beitrag von Anne Wagner (Universität Bamberg), welche sich der Frage widmet, wie Lehrkräfte an beruflichen Schulen die Herausforderungen der digitalen Transformation im Rahmen der Schulentwicklung meistern können und wie ein Tätigkeitsprofil für das Schulentwicklungsmanagement aussehen kann.
Neben Digitalisierung kann den Themen Nachhaltigkeit und nachhaltiges Handeln eine hohe Relevanz attestiert werden. Im Beitrag von Detlef Buschfeld und Lukas Menzer (Forschungsinstitut für Berufsbildung im Handwerk an der Universität zu Köln) werden Ergebnisse einer empirischen Studie zu Nachhaltigkeitseinstellungen von Auszubildenden im Handwerksbereich vorgestellt und Konsequenzen für die Fachkräftegewinnung auf Basis der Ergebnisse abgeleitet.
Im Beitrag von Anna Benning, Karl-Heinz Gerholz (Universität Bamberg), Peter Slepcevic-Zach, Susanne Kamsker und Michaela Stock (Universität Graz) werden zwei Qualifizierungskonzepte für angehende berufliche Lehrkräfte vorgestellt, Social Entrepreneurship Education als eine Form für Bildung für nachhaltige Entwicklung in die Fachkräfteausbildung einfließen zu lassen.
Stephanie Grundmann und Nina Langen (Technische Universität Berlin) fokussieren das Berufsfeld Ernährung und Versorgung und illustrieren, wie es möglich ist, bei beruflichen Lehrkräften eine Sensibilisierung für Bildung für nachhaltige Ernährung zu erreichen.
Nachhaltigkeit wird auch im Beitrag von Janina Klose (Technische Universität Berlin) aufgenommen, indem das Konzept eines Repair Cafés beschrieben und Ergebnisse einer Grounded Theory-Studie vorgestellt werden, wie sich bei diesem Konzept das Selbstverständnis von Lehrenden ändert.
Im Beitrag von Mareen Derda (Technische Universität Berlin), Diana von Drojetzky (Brillat-Savarin-Schule Berlin), Marco Albrecht (Reinhold-Burger-Schule Berlin) und Marco Wedel (Technische Universität Berlin) werden gesellschaftliche Transformationsprozesse – insbesondere Digitalisierung – in den Blick genommen, und es werden Rahmenbedingungen beleuchtet, damit diese auch Eingang in die berufsschulische Arbeit bei der Fachkräftequalifizierung finden.
Digitale Bildung spielt auch im Beitrag von Lydia Pfeifer, Sophia Fries, Senta Marienfeld, Christiane Freese, Annette Nauerth und Patrizia Raschper (Hochschule Bielefeld) eine Rolle, indem diese ein innovatives Fortbildungskonzept für Pflegepädagoginnen und -pädagogen sowie Praxisanleitende zum Einsatz digital gestützter Lernaufgaben vorstellen und Erfahrungen der Erprobung berichten.
Wie sich Kompetenzanforderungen durch die digitale Transformation an zukünftige Fachkräfte im wirtschaftswissenschaftlichen Bereich ändern, untersucht Philipp Schlottmann (Universität Bamberg) in seinem Beitrag, welcher methodisch auf einer umfassenden Stellenanzeigenanalyse basiert.
Im Beitrag von Sebastian Wendland (Bergische Universität Wuppertal), Thomas Heiland (Universität Augsburg) und Henning Wolters (Bergische Universität Wuppertal) wird anhand der universitären Lehrkräfteausbildung exemplarisch illustriert, wie angehende Lehrkräfte für eine Kultur der Digitalität in ihrem zukünftigen Arbeitsalltag sensibilisiert und herangeführt werden können.
Schwerpunkt 3:
Der dritte Schwerpunkt nimmt die Treiber Inklusion und Diversität in einer modernen Fachkräftequalifizierung auf und präsentiert Beiträge, in welchen Vielfalt und inklusive Aspekte im Zuge einer Fachkräftesicherung integriert werden.
Marianne Friese (Justus-Liebig-Universität Gießen) analysiert in Form einer historisch-systematischen Betrachtung das Verhältnis von Care Work und Genderstrukturierung als Elemente der Arbeitslehre.
Lukas Jung und Konstantin Lindner (Universität Bamberg) arbeiten in ihren Beitrag konkrete Potenziale des Religionsunterrichts an beruflichen Schulen als Beitrag zur Persönlichkeitsentwicklung von Auszubildenden heraus und illustrieren dabei die Relevanz einer integrierten Wertebildung in beruflichen Bildungsprozessen.
Markus Gitter (Europa-Universität Flensburg) und Clemens Hafner (Justus-Liebig-Universität Gießen) analysieren den Themenbereich der inklusiven Berufsorientierung hinsichtlich der Lehramtsausbildung und curricularen Strukturen im Bundesland Hessen, um darauf basierend Gestaltungsempfehlungen für die zukünftige Lehrkräftebildung abzuleiten.
Inklusive Berufsorientierung wird auch im Beitrag von Ilka Benner, Theresa Neusser und Ilka Pfaffhausen (Justus-Liebig-Universität Gießen) aufgenommen, indem ein Förderkonzept aus der Lehrkräftebildung vorgestellt und auf Basis von Ergebnissen einer Erwartungsabfrage von angehenden Lehrkräften eingeordnet wird.
Julia Hufnagl, Lale Kralik und Silvia Annen (Universität Bamberg) greifen in ihrem Beitrag das Problem der fehlenden Mitarbeiterinnenbindung in der Tech-Branche auf. Anhand eines systematischen Literaturreviews werden Stärken, Schwächen, Chancen und Risiken der Tech-Branche in Bezug auf ihre Attraktivität für Frauen identifiziert und darauf basierend Strategien zur Mitarbeiterinnenbindung entwickelt.
Der Beitrag von Hans-Walter Kranert, Roland Stein (Julius-Maximilians-Universität Würzburg) und Mathilde Niehaus (Universität zu Köln) dokumentiert die Ergebnisse der Fachtagung berufliche Rehabilitation auf den Hochschultagen berufliche Bildung 2023, indem Maßnahmen und Studienergebnisse vorgestellt werden, wie das Arbeitskräftepotential von Menschen mit Behinderung durch berufliche Erst- und Wiedereingliederung besser und im Sinne eines vielfältigen Arbeitsmarktes genutzt werden kann.
Wie eine Teilhabförderung von Menschen mit gesundheitlichen Beeinträchtigungen zukünftig für die berufliche Bildung und damit den Arbeitsmarkt gestaltet werden kann, wird im Beitrag von Pia Buck, Sebastian Ixmeier und Ann-Katrin Peters (Universität Duisburg-Essen) thematisiert. Dabei werden institutionelle, curriculare und qualifikatorische Aspekte in den Blick genommen.
Im Beitrag von Rhea Dehn Tutosaus, Alexandra Karentzos (Technische Universität Darmstadt), Cornelia Lund (Hochschule für Künste Bremen), Caroline Schmitt (Frankfurt University of Applied Sciences) und Sylvia Weyrauch (Technische Universität Darmstadt) werden verschiedene Standpunkte aus Industrie, Wissenschaft und Ausbildung präsentiert, die eine innovative Forschungsrichtung begründen, die Vielfalt als Bereicherung ansieht.
Der Beitrag von Matthias Gronover (Universität Tübingen) als letzter Beitrag des Schwerpunktes nimmt den Religionsunterricht in beruflichen Schulen in den Blick und zeigt dabei auf, was dieser leisten kann, angehende Fachkräften für Vielfalt und Diversität in einer Gesellschaft zu sensibilisieren und im Sinne der Persönlichkeitsbildung eine Position dazu zu finden.
Schwerpunkt 4:
Schwerpunkt vier präsentiert Gestaltungsmöglichkeiten für bedarfsgerechte Fachkräftequalifizierungen. Hierbei nehmen die Beiträge unterschiedliche Berufsprofile und -felder sowie verschiedene Bereiche der beruflichen Bildung auf.
Aileen Körfer, Florian Köster, Marina Winkler und Pascal Scheren (Bundesinstitut für Berufsbildung) nehmen die nationale Weiterbildungsstrategie in den Blick, indem deren Ziele und zentralen Elemente vorgestellt und anschließend die Herausforderungen der Implementation bei den unterschiedlichen Partnern der beruflichen Bildung aufgezeigt werden.
Im Beitrag von Anna Hager (IHK für Oberfranken Bayreuth), Franziska Müller, Moritz Renner, Stefanie Schächtner (Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg), Birgit Schneider (Technische Hochschule Ostwestfalen-Lippe) und Katharina Thies (Eigenbetrieb Schulen des Kreises Lippe) werden auf Basis konkreter Projekte aus der InnoVET-Initiative Gelingensbedingungen für die Vernetzung von unterschiedlichen Lernorten und Bildungsorganisationen in der beruflichen Bildung (Schulen, Betriebe, Kammern, Hochschulen) vorgestellt.
Silke Lange, Kristina Trampe, Christoph Porcher, Ursula Walkenhorst, Amiena Bartels und Dietmar Frommberger (Universität Osnabrück) analysieren ausgehend vom Fachkräftemangel im Bereich beruflicher Lehrkräfte die Heterogenisierungstendenzen in beruflichen Lehramtsstudiengänge und damit einhergehende Folgen.
Bildungswege im Berufsfeld Chemie werden im Beitrag von Frank Ragutt, Miriam Sophie Fink, Sonja Herzog (Technische Universität Dortmund), Valeria Bogomolny und Davide Muratore (Provadis GmbH) aufgenommen, indem ein didaktisches Konzept zur Förderung von Problemlöse- und Reflexionsfähigkeiten bei angehenden Fachkräften vorgestellt, was anschließend auf Basis vorliegender Evaluationsergebnisse beurteilt wird.
Der Beitrag von Christine Engartner (Universität Bremen) und Martin Kenner (Universität Stuttgart) fasst die Ergebnisse der Fachtagung Politik auf den Hochschultagen berufliche Bildung 2023 zusammen und zeigt auf Basis unterschiedlicher Studien auf, welche didaktischen und curricularen Gestaltungsanforderungen sich an einen zeitgemäßen Politikunterricht an beruflichen Schulen stellen.
Für den agrarwirtschaftlichen und gartenbaulichen Bereich werden im Beitrag von Janus Kondmann (Technische Universität München), Antje Eder (BSZ Regensburg), Roland Stähli (Hochschule für Agrar-, Forst-, und Lebensmittelwissenschaften Zollikofen/Bern), Christian Schroll (Hochschule für Agrar- und Umweltpädagogik Wien), Alexandra Brutzer (Universität Bonn) und Eveline Wittmann (Technische Universität München) Ansätze zur Fachkräftegewinnung und -qualifizierung vorgestellt und jeweils aus berufspraktischer und wissenschaftlicher Perspektive gewürdigt.
Der Förderung von Lese- und Schreibkompetenzen in der beruflichen Bildung zur Sicherung der Teilhabe in beruflichen Arbeitsprozessen wird sich im Beitrag von Imke A.M. Meyer, Karsten D. Wolf, Melissa Windler und Jan Küster (Universität Bremen) gewidmet, indem eine entsprechende digitale Lernmöglichkeit über die lea.APP vorgestellt und deren Potentiale auf Basis von Evaluationsergebnisse beschreiben werden.
Das Sprachenlernen für den Bereich der Pflegeausbildung wird im Beitrag von Andrea Daase und Micha Fleiner (Universität Bremen) in den Mittelpunkt gestellt, indem zunächst literaturbasiert die Potentiale einer integrierten Sprachbildung im Pflegeunterricht aufgezeigt und anschließend anhand einer didaktischen Umsetzung illustriert werden.
Einen Überblicksartikel zu Möglichkeiten der beruflichen Anerkennung und Qualifizierung von zugewanderten Fachkräften haben Ulrike Benzer und Christiane Heimann (Forschungsinstitut Betriebliche Bildung) erstellt, welcher sich gleichermaßen an die Bildungspraxis, -administration und Wissenschaft richtet und eine Orientierung gibt, welche Akteure und Prozesse bei der Zuwanderung, Anerkennung und Qualifizierung von Relevanz sind.
Im Beitrag von Silvia Annen und Julia Hufnagl (Universität Bamberg) wird der mögliche Zusammenhang zwischen dem Skills Ecosystem Approach und der Begegnung des Fachkräftemangels in Deutschland untersucht, mit einem regionalen und geographischen Fokus auf Deutschland und dessen spezifischen Bedingungen und Herausforderungen.
Zuletzt folgt der Beitrag von Simone Hess (iba-Internationale Berufsakademie Darmstadt), in welchem die sozialpädagogische Professionalisierung – ein Berufsfeld mit dem aktuell höchsten Fachkräftemangel – anhand zweier Modulkonzepte im Rahmen von dualen Studiengängen betrachtet und auf Basis einer Evaluation die Wirksamkeit hinsichtlich der Kompetenzentwicklung der angehenden Sozialpädagoginnen und -pädagogen beschrieben wird.
3 Danksagung und Ausblick
Insgesamt erstreckt sich die bwp@ Spezialausgabe zu den Hochschultagen Berufliche Bildung 2023 über 38 Beiträge. In den Vorstellungen der Einzelbeiträge zeigt sich die gesamte Bandbreite der Fachkräftesicherung angefangen von der Berufsorientierung und Fachkräftegewinnung über die Gestaltungsmöglichkeiten von beruflichen Bildungs- und Anerkennungsprozessen bis hin zur beruflichen Fort- und Weiterbildung. Die Schwerpunktthemen bündeln dabei die Bandbreite jeweils themenspezifisch. Anliegen der bwp@ Spezialausgabe ist es, die Diskussion zur Fachkräftesicherung im Fluss zu halten und einen Referenzpunkt zu Gestaltungsmöglichkeiten in der Vielfalt der Berufsprofile anzubieten.
Zum Schluss danken wir als Herausgeberinnen und -geber herzlich den Autorinnen und Autoren für die aufschlussreichen Beiträge und den zahlreichen Reviewerinnen und Reviewern für wertvolle Kommentare.
Literatur
Burstedde, A./Flake, R./Jansen, A./Malin, L./Risius, P./Seyda, S./Schirner, S./Werner, D. (2020): Die Messung des Fachkräftemangels. Methodik und Ergebnisse aus der IW-Fachkräftedatenbank zur Bestimmung von Engpässen und zur Berechnung von Fachkräftelücken und anderen Indikatoren. IW-Report, Nr. 59/2020. Köln.
Destatis (2024): Online: https://www.destatis.de/DE/Im-Fokus/Fachkraefte/Demografie/_inhalt.html (04.01.2024).
Fitzenberger, B. (2023): Fach- und Arbeitskräftemangel … und es gibt ihn doch!, In: IAB-Forum, 28. März 2023. Online: https://www.iab-forum.de/fach-und-arbeitskraeftemangel-und-es-gibt-ihn-doch/ (08.01.2024).
Gerber, M./Winters, J. (2023): Warum braucht Deutschland 400.000 Migrantinnen und Migranten pro Jahr? In: IAB-Forum, 19. Dezember 2023. Online: https://www.iab-forum.de/warum-braucht-deutschland-400-000-migranten-pro-jahr/ (04.01.2024).
Hickmann, H./Koneberg, F. (2022): Die Berufe mit den aktuell größten Fachkräftelücken. IW-Kurzbericht, Nr. 67. Köln.
OECD (2022): Bildung auf einen Blick. OECD-Indikatoren. Online: https://www.bmbf.de/SharedDocs/Downloads/de/2022/221004-oecd-vergleichsstudie-2022.pdf?__blob=publicationFile&v=3 (03.01.2024).
Zitieren des Beitrags
Gerholz, K.-H./Annen, S./Braches-Chyrek, R./Hufnagl, J./Wagner, A. (2024): Editorial zu bwp@ Spezial HT2023: Fachkräftesicherung – Zukunftsweisende Qualifizierung, gesellschaftliche Teilhabe und Integration durch berufliche Bildung. In: bwp@ Spezial HT2023: Hochschultage Berufliche Bildung 2023, hrsg. v. Gerholz, K.-H./Annen, S./Braches-Chyrek, R./Hufnagl, J./Wagner, A., 1-10. Online: http://www.bwpat.de/ht2023/editorial_ht2023.pdf (22.01.2024).